Am 9. Oktober 2015 hatten Dozent_innen verschiedener modebezogener Studiengänge sowie Multiplikator_innen von FEMNET die Gelegenheit, ihr Fachwissen zum Thema „faire Produktionsbedingungen in der Bekleidungsindustrie“ zu vertiefen. Inhaltlich standen aktuelle Initiativen im Fokus: Lisa Süß von der Fair Wear Foundation (FWF) stellte den Ansatz des Brand Performance Check vor. Am Abend gab es eine Diskussion über das Textilbündnis der Bundesregierung: Helmut Fischer – BMZ, Claudia Kersten – GOTS, Britta Schrage-Oliva – KiK, Dr. Gisela Burckhardt – FEMNET informierten über die Ansätze und Schwierigkeiten, würdige Arbeitsbedingungen in der gesamten Bekleidungsproduktion umzusetzen.
Das von FEMNET neu erprobte Format des Expert_innenworkshops gab Dozent_innen, Multiplikator_innen und Expert_innen Gelegenheit, sich persönlich kennen zu lernen. Vier Dozent_innen verschiedener Fachbereiche (Modetheorie, Lehramt Textiles Gestalten, Modemanagement / Produktmanagement etc.) und Hochschulen, 18 Multiplikator_innen des Bildungsprojekts FairSchnitt von FEMNET, Mitglieder sowie Mitarbeiter_innen von FEMNET waren vor Ort.
Lisa Süß erläuterte ausführlich den Brand Performance Check sowie die Existenzlohn-Aktivitäten der Fair Wear Foundation. Mitgliedsunternehmen der Multistakeholder-Initiative Fair Wear Foundation werden jährlich in ihrem Niveau und ihrem Fortschritt zur Verbesserung der Produktionsbedingungen in der Konfektion ihrer Waren mit dem Brand Performance Check bewertet. Frau Süß ging auf Fragen ein wie: Wann gilt ein Unternehmen als „führend“ und wann wird es aus der Fair Wear Foundation ausgeschlossen? Was steht im Zentrum der Bewertung und welche Bewertungsmethoden werden angewendet?
Vor ähnlichen Fragen steht das Bündnis für nachhaltige Textilien, das das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) 2014 ins Leben gerufen hat. Wie können Bekleidungshersteller und Einzelhändler, Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften und die Bundesregierung es gemeinsam schaffen, dass weltweit bei ihren Zulieferern würdige Arbeitsbedingungen herrschen? Das Bündnis hat aktuell 156 Mitglieder. Die Mitgliedsunternehmen verantworten fast 50% des Einzelhandelsumsatzes mit Kleidung in Deutschland. Das Thema „menschenwürdige Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsproduktion“ steht seit mindestens 20 Jahren auf der politischen Agenda und dennoch sind kaum Fortschritte erkennbar. Kann dieses Bündnis nun einen Durchbruch schaffen? Was wurde bisher im Textilbündnis erreicht? Kann das Textilbündnis das allseits gewünschte level playing field schaffen? Warum werden nicht gleich (wie z.B. in Frankreich) gesetzliche Regelungen bevorzugt? Die Antworten der Expert_innen auf dem Podium – Helmut Fischer, Leiter des Referats Nachhaltigkeitsstandards im BMZ, Claudia Kersten, Repräsentantin für Deutschland des Global Organic Textile Standard (GOTS), Britta Schrage-Oliva, Leiterin des Wirtschaftspolitischen Dialogs in der KiK Textilien GmbH und Dr. Gisela Burckhardt, Vorstandsvorsitzende von FEMNET e.V., fielen höchst unterschiedlich aus.
Ein Fazit des Tages – es braucht mehr solcher Veranstaltungen, die hoch brisante und komplexe Themen abseits massenmedialer Formate kontrovers aber differenziert aufbereiten. Hochschulen sind geeignete Orte dafür – es müssen allerdings Ressourcen für Lehre und Forschung entsprechend zur Verfügung stehen.