Bildungsarbeit an Hochschulen

Bildungsarbeit an Hochschulen

Reflektiert und engagiert:
Modestudierende legen Wert auf Umwelt und Ethik

Ein Rückblick auf die Konferenz
„FAIR FASHION works? Unternehmensverantwortung im Modestudium“ in Düsseldorf

Fair Fashion Works am 13.10 2016. Foto: © Barbara PalusińskaFair Fashion Works am 13.10 2016. Foto: © Barbara PalusińskaAm Donnerstag, 13.10.2016, und Freitag, 14.10.2016, fand zum dritten Mal die Konferenz von FEMNET im Rahmen des Projektes „FairSchnitt“ statt, diesmal unter dem Titel „FAIR FASHION works? Unter­nehmensverantwortung im Mode­studium“. Die zentrale Fragen: Wie wird Unter­nehmens­verantwortung umgesetzt und wie gehen verschiedene Akteure aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft damit um? Marketing­instrument oder echter Einsatz für bessere Arbeits- und Umwelt­bedin­gungen? Große Utopien oder minimale Eingriffe? Und was lernt die nächste Generation von Designern, Bekleidungstechnikerinnen und Modejournalisten an den Hochschulen?

Es geht los!

Hochschulen sind Orte des Wissens, der Forschung und nicht zuletzt der gesellschaftlichen Debatten. Für die Grußwortsprecher_innen Dr. Gisela Burckhardt, Vorstandsvorsitzende von FEMNET und Wilson Budde-Iser, Vertreter der Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW, die das Projekt und die Konferenz fördert, ist es daher unerlässlich, dass sich die Bildungsstätten immer wieder die Frage nach ihren Aufgaben stellen. Es könne nicht nur darum gehen, Nachwuchskräfte für Unternehmen auszubilden, sondern auch Werte- und Moralvorstellungen zu vermitteln. Die rund 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz sind ganz still, als Frida Ottesen, bekannt aus der norwegischen Doku „Sweatshop – Deadly Fashion“, mit einer Videobotschaft das Konferenzprogramm eröffnet. Obwohl inzwischen Medienprofi, zittert ihre Stimme, als sie von ihren Erfahrungen in Kambodscha berichtet. Zusammen mit zwei anderen Blogger_innen arbeitete sie in einer Bekleidungsfabrik und erlebte den harten Alltag der Näherinnen.

Die Frage nach der persönlichen Verantwortung wird in den kommenden zwei Tagen noch häufiger gestellt, doch zunächst beleuchtet Dr. Nora Lohmeyer, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft, Management-Department der FU Berlin, den Begriff Unternehmensverantwortung (PDF-Datei). Es habe sich einiges getan, seitdem die Unternehmen auf Druck der Öffentlichkeit CSR zunächst aus moralischer Verpflichtung später als Marketinginstrument für sich entdeckten. Nicht alle diese Entwicklungen seien positiv, betont Lohmeyer, doch könne kaum ein größeres Unternehmen mehr ohne eine_n CSR-Beauftragte_n operieren.

Einen Blick auf die Wissenschaft wirft das Publikum beim anschließenden Hochschul-Parcours. Studierende und Dozent_innen von neun Hochschulen stellen ihre Module, Semesterarbeiten und Aktionsgruppen vor. Die Erfolge und Fortschritte hängen stark von den jeweiligen Lehrenden ab und sind daher von Standort zu Standort sehr unterschiedlich. So auch das Ergebnis der Arbeitsgruppen, die von den FairSchnitt-Multiplikatorinnen moderiert werden. FEMNET unterstützt Dozent_innen und Lehrende mit zahlreichen Formaten dabei, das Thema Unternehmensverantwortung besonders mit Blick auf Sozialstandards in die Curricula zu integrieren.

Das Bündnis für nachhaltige Textilien: Was war, was kommt?

Zum Abschluss des ersten Konferenztages ist das Bündnis für nachhaltige Textilien Thema. Was vor zwei Jahren als umfangreiches Vorhaben gestartet ist, hatte viele Stolpersteine zu überwinden. Es sei ein schwieriger Weg gewesen, so Dr. Berhard Felmberg vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), aber bald werde sich zeigen, was das Textilbündnis leisten kann. Dr. Felmberg stellte das Textilbündnis vor und diskutierte mit Niema Movassat (MdB, DIE LINKE), Dr. Uwe Mazura (Gesamtverband textil + mode) und Tim Zahn (Koordinator zivilgesellschaftlicher Akteure im Textilbündnis) über bisherige Erfolge und künftige Entwicklungen. (s. auch die FEMNET-Pressemitteilung zu diesem Thema vom 14.10.2016)

FairSchnitt Konferenz 2016 Podium: v.l.n.r.: Dr. Bernhard Felmberg, BMZ, Niema Movassat (MdB, DIE LINKE), Dr. Uwe Mazura (Gesamtverband textil+mode), NRO-Vertreter Tim Zahn. Foto: © Barbara PalusińskaPodium: v.l.n.r.: Dr. Bernhard Felmberg, BMZ, Niema Movassat (MdB, DIE LINKE), Dr. Uwe Mazura (Gesamtverband textil+mode), NRO-Vertreter Tim Zahn. Foto: © Barbara Palusińska

Zum informellen Ausklang des Abends spricht Katharina Partyka, Inhaberin des Green-Concept-Stores Kiss the Inuit mit Filialen in Köln und Bonn, über die praktische Seite des öko-fairen Wirtschaftens. Auch hier laufe nicht immer alles glatt. Wenn die Nachfrage steige, müsse man sich mit dem „richtigen“ Wachstum und der Konkurrenz beschäftigen. Stehen ökonomische und ethische Aspekte im richtigen Verhältnis zueinander? Welcher Standort und welche Ladeneinrichtung sind erfolgsversprechender? Welche Labels muss man unbedingt haben, welche hätte man gern? Und was ist eigentlich mit einem Onlineshop? Fragen, die sich Partyka mit ihrem kleinen Team regelmäßig stellen und beantworten muss. Doch trotz aller Schwierigkeiten: Den Schritt in die Selbstständigkeit würde sie immer wieder wagen. Tolle Labels, die man auf ihrem Weg begleitet, spannende Erfahrungen, aber auch die Dankbarkeit der Kundinnen und Kunden bleiben eine wichtige Motivation.

Der zweite Konferenztag: Praxis trifft Wissenschaft

Der Freitagmorgen startet mit der Diskussion „Aus der Theorie in die Praxis: CSR in Unternehmen“. Julia Kirschner von Armedangels und Reiner Hengstmann von Hugo Boss berichten von eigenen Erfahrungen mit Programmen zu Existenzlöhnen und Audits. Auch, wenn die Themen komplex sind, dürfe man sich nicht ausruhen und auf die anderen verweisen, so Kirschner. Armedangels ist mit rund 60 Mitarbeiter_innen viel kleiner als Hugo Boss, ein Unternehmen mit weltweit rund 11.000 Mitarbeiter_innen, und trägt den Anspruch „öko“ und „fair“ seit der Gründung in seiner DNA. Dieser Anspruch bestimme auch das Wachstum – nichts gehe, ohne es auf Vereinbarkeit mit den Ursprungsideen abzustimmen.

Dr. Gisela Burckhardt, die für die Zivilgesellschaft am Podium teilnimmt und seit Jahren auf Probleme in der Lieferkette von Hugo Boss hinweist, glaubt, dass ein Luxus-Hersteller eine Vorreiterrolle übernehmen könnte, indem er existenzsichernde Löhne zahlt und sich zu bestimmten Sozialstandards bekennt – und dann gern auch damit wirbt. Stattdessen zahle man noch nicht einmal in der unternehmenseigenen Fabrik in der Türkei anständige Löhne.

Dass Existenzlöhne ein komplexes, aber nicht unlösbares Problem sind, zeigen einige Ansätze aus der Praxis. Vor der Mittagspause vertiefen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Kenntnisse in praktischen Workshops:

„Stellt Fragen, bezieht Stellung!“

Nach der Mittagspause bleibt es praxisorientiert und die wichtigste Frage der Konferenz steht im Raum: Was lernen die künftigen Entscheidungsträger_innen und Gestalter_innen der Branche? Christopher Bohlens, Transparency International e.V., Dr. Andreas Keller, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und Lukas Vaupel, netzwerk n e.V., sehen die Lehre durch Einflüsse aus der Wirtschaft bedroht. Es sei verlockend, schon während des Studiums Erfahrungen sammeln zu können. Schwierig wird es jedoch, wenn Unternehmen durch Stiftungsprofessuren und Auftragsarbeiten zu sehr in Forschung und Lehre eingreifen und ihre Macht beispielsweise dafür nutzen, interessante Ergebnisse aus Wettbewerbsgründen zurückzuhalten. Die Beteiligung der Studierenden zeigt, dass sie an das Thema nicht so unbedarft und naiv herangehen, wie manche Unternehmen und Dozent_innen meinen. Vielen ist die Einmischung der Unternehmen bewusst und wird nicht nur positiv bewertet.

Die anschließende Diskussion in Kleingruppen und die Ergebnispräsentation zeigen, dass Studierende und Dozent_innen zahlreiche Ideen haben, wie Nachhaltigkeit und Unternehmensverantwortung Standardthemen an ihren Hochschulen werden. Von der Organisation einer Ringvorlesung in Düsseldorf bis zur Einrichtung einer Professur für Nachhaltigkeit – Hochschulen sollen und wollen einen Beitrag zu der Umsetzung der Sustainable Development Goals leisten.

Mehr zur Konferenz:

Es wird immer viel erzählt, aber was bleibt?

Ein Rückblick auf die Konferenz 2016 in Statements auf dem Blog "Mode fairarbeiten":

Rückblick auf Konferenz 2014

Rückblick auf Konferenz 2012

 

 

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