Grüne Knopf – „Was bringt der Grüne Knopf?“, „Was taugt das erste staatliche Siegel für nachhaltige Textilien?“, „Der Grüne Knopf – ein erster Schritt in die richtige Richtung?“ sind nur ein paar Titel der zahlreichen Medienberichte, die sich der Frage nach den Inhalten und der Wirksamkeit des staatlichen Metasiegels des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) widmeten.
Mit Blick auf die Textilindustrie hat in den letzten Wochen kaum ein Thema für so viel Wirbel gesorgt wie derAuch FEMNET hat sich dieser Frage angenommen – im Rahmen einer Fachtagung für Lehrende aus Hochschulen und Universitäten konnten wir am 11.10.2019 vier Expert_innen einladen, die verschiedene Perspektiven auf den Grünen Knopf zur Diskussion stellten.
Präsentation) und stand dann für umfängliche inhaltliche Rückfragen zur Verfügung. Das fachlich qualifizierte und detailinteressierte Publikum stellte zahlreiche Fragen, insbesondere zur geplanten Weiterentwicklung des Grünen Knopfes. Hier spielten die Schließung der noch vorhandenen Lücken in den Kriterien (Existenzsichernde Löhne, Wertschöpfungskette etc.) ebenso eine Rolle wie Fragen nach den Finanzierungstrukturen oder der Besetzung des Beirats.
Zur Einführung in den Hintergrund und die Struktur des Grünen Knopfes war Katja Hummel, Referentin für Nachhaltige Lieferketten, Nachhaltigkeitsstandards (Team Grüner Knopf) beim BMZ zu Gast. Frau Hummel stellte zunächst den Grünen Knopf vor (Ein Katalysator für verantwortungsvolle Mode?
Im Anschluss gab Henning Siedentopp einen Input zum Grünen Knopf in der Unternehmenspraxis. Der Geschäftsführer der mela wear GmbH nannte das Metasiegel einen guten Baustein, um nachhaltige Mode zu stärken. Denn um das Thema von der Nische in die Masse zu bringen bräuchte es das Trio aus Konsument_innen, Unternehmen UND Staat. Dennoch ließe der Grüne Knopf auch Lücken, die geschlossen werden müssten – so sollten beispielsweise die Nutzung von Bio-Baumwolle oder eine flächendeckende Regelung zu existenzsichernden Löhnen vorgeschrieben sein. Weitere Meinungen zum Grünen Knopf und warum mela wear beim staatlichen Textilsiegel mitmacht, können Sie in einem Podcast nachhören.
Dr. Gisela Burckhardt, Vorstandvorsitzende von FEMNET, machte dem Fachtagungspublikum die Perspektive von FEMNET als Organisation der Zivilgesellschaft deutlich. Dabei bewertete sie unter anderem die Kombination des Grünen Knopfes aus Unternehmens- und Produktprüfung oder das Ziel zu mehr Transparenz durch einen QR-Code als durchaus positiv, warf aber gleichzeitig Fragen auf, die diesbezüglich noch zu beantworten seien. Zudem äußerte sie deutliche Kritik an den fehlenden existenzsichernden Löhnen oder den langen Zeitfenstern, die den Unternehmen zur Umsetzung der Kriterien zur Verfügung stehen. Sie sieht den Staat weiterhin in der Pflicht, gesetzliche Regelungen zu schaffen anstatt auf Freiwilligkeit zu setzen und verwies hierzu auf die Notwendigkeit eines verpflichtenden Lieferkettengesetzes. Weitere Inhalte zum Vortrag von Frau Dr. Burckhardt finden Sie in der Präsentation.
Rapha Breyer, Key Account Manager Textilien und Business Development bei Fairtrade Deutschland sieht eine deutliche Herausforderung darin, dass der Grüne Knopf aktuell nicht die gesamte textile Kette, sondern nur die Konfektion und die Nassprozesse abdeckt (Präsentation). Er wirft die Frage auf, warum dies nicht möglich sei? Schließlich hätten doch 90% der Siegelnehmer den Grünen Knopf auf Basis einer GOTS Zertifizierung erhalten, die wiederum die gesamte Lieferkette beinhaltet. Auch den Schritt hin zu existenzsichernden Löhnen betrachtet er als dringliches Ziel, dass von einer klaren und glaubwürdigen Kommunikation begleitet werden muss. Als positiv stellt auch er die Unternehmenskriterien heraus, die in dieser Form in der Siegellandschaft noch nicht berücksichtigt wurden.
Der Grüne Knopf - Chance oder Risiko?
Die abschließende Diskussion war sehr dynamisch und von vielfältigen Fragen geprägt: Warum entscheiden sich andere „nachhaltige“ Modeunternehmen gegen den Grünen Knopf? Warum sind die Kriterien des Siegels nicht „mutiger“? Wie soll das Marketing des Grünen Knopfes ausgestaltet werden? Welche Sanktionsmechanismen kann es geben? Warum gibt es die EU-Ausnahmeregelung? Kann der Grüne Knopf auch neue Standards, zum Beispiel für innovative Fasern, setzen?
Insgesamt fand so ein Austausch auf hohem Niveau statt, der von allen Teilnehmenden sehr positiv bewertet wurde. Vor allem die vielfältigen Perspektiven, Meinungen und Ideen der Inputgeber_innen und Teilnehmenden ließen spannende Diskussionen zu, die alle als bereichernd empfanden. Inwiefern der Grüne Knopf sich zukünftig als „Zeichen für Verantwortung“ in der Textil- und Bekleidungsbranche etablieren kann und wie er diese Verantwortung ausgestaltet und durchsetzt, wird sich in den kommenden Monaten und Jahren zeigen. Bis Ende Juni 2021 ist eine Einführungsphase zur weiteren Aus- und Einarbeitung angesetzt. Es bleibt also spannend, wie sich das staatliche Metasiegel entwickelt.